Biophiles Design: Natur als Schlüsel für nachhaltige Raumgestaltung.
Wer kennt es nicht: ein stickiges Büro, ohne Tageslicht, monotone Farben, das Summen der Neonröhre. Schon nach kurzer Zeit fühlt man sich ausgelaugt. Ganz anders in Räumen, die von Pflanzen, natürlichem Licht und frischer Luft geprägt sind: Hier fällt es leichter sich zu konzentrieren, kreativ zu sein und Energie zu tanken. Genau an diesem Punkt setzt biophiles Design an. Es zeigt, wie Natur und moderne Architektur Hand in Hand gehen könnten, um ein gesundes Raumklima und eine nachhaltige Raumgestaltung zu schaffen.
Was steckt hinter biophilem Design?
Der Begriff „Biophilie“ bedeutet so viel wie „Liebe zum Leben“ und geht auf den Sozialpsychologen Erich Fromm zurück. Später griff der Biologe Edward O. Wilson diese Idee auf und stellte die Hypothese auf, dass wir Menschen ein angeborenes Bedürfnis nach Verbindung zur Natur haben.
Ein Spaziergang im Wald, ein Tag am Meer oder ein Pause im Park – all das macht uns glücklich. Während unsere Vorfahren viel Zeit im Freien verbrachten, verbringen heute die meisten von uns den Großteil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. Physisch und mental ist dies für uns eine Herausforderung. Unser bilologisches Erbe vermittelt uns eine tiefe Verbundenheit zur Natur, die wir unbewusst auch in Innenräumen suchen.
Aus diesen Erkenntnissen entwickelte sich das Konzept des biophilen Designs: Büroräume, die nicht von der Außenwelt abschneiden sondern das Beste der Natur in unseren Alltag integrieren, sei es durch Licht, Pflanzen, Wasser oder natürliche Materialien.
Wohlbefinden steigern, gesundes Umfeld schaffen.
Die Hypothese der angeborenen Verbindung zur Natur wird durch zahlreiche Studien untermauert. So konnte unter anderem aufgezeigt werden:
Der Kontakt zur Natur verbessert kognitive Leistungen, die Konzentration, Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen erfordern. So zeigt sich, dass Schüler bei Tageslicht besser und nachhaltiger lernen als unter künstlichen Licht.
Die Heilung und Genesung von Krankheiten oder nach Operationen wird durch Kontakt mit der Natur verbessert. Schon natürliches Licht, Pflanzen oder Natur-Bilder machen einen Unterschied.
Natürliche Elemente wie Tageslicht, Frischluft oder Pflanzen in Büros, steigern die Arbeitsleistung um 6%, weniger Stress wird verursacht und Kreativität und Wohlbefinden steigen um 15%.
Ein naturnahes Leben begünstigt die Gesundheit und das Sozialleben von Menschen. Bereits kleinere Bereiche, wie Parks und andere städtische Grünflächen entfalten eine positive Wirkung für Stadtbewohner.
Die Grundidee: Natur erlebbar machen.
Biophiles Gestalten geht weit über schöne Dekoration hinaus. Es basiert vielmehr auf drei Kernbereichen:
- Direkte Erfahrung der Natur: Tageslicht (durch große Fenster), Wasser (z.B. Wasserwände), echte Pflanzen (z.B. bepflanzte Wände), Tiere (z.B. Aquarien), Frischluftzufuhr
- Indirekte Erfahrung der Natur: Naturbilder (z.B. Landschaften, Pflanzen, Tiere) Materialien (z.B. Holz, Stein, Wolle), organische Formen, natürliche Farben
- Erfahrung von Räumen: Aus- und Weitblick, Rückzugsorte, Übergangsräume So entsteht eine Umgebung, die funktional ist und gleichzeitig eine emotionale Wirkung entfaltet.
Elemente für eine nachhaltige Raumgestaltung.
Damit biophiles Design wirkt, braucht es mehr als ein paar Pflanzen auf der Fensterbank. Es geht darum, Räume mit Prinzipien zu gestalten, die Natur spürbar zu machen.
Diese Elemente bilden die Basis für eine nachhaltige Raumgestaltung, die ökologisch sinnvoll ist und gleichzeitig den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Hier ein paar Beispiele biophiler Designelemente in Büros:
Erdige Farbtöne: Erdige Farbtöne entsprechen dem natürlichen Farbspektrum der Menschen und beeinflussen die Erholungsfähigkeit der Menschen. Gedämpfte Töne wie Grün- und Erdtöne steigern das Wohlbefinden und erzeugen in Räumen einen harmonischen Eindruck. Grelle Farben sollten hingegen vermieden werden.
Tageslicht: Tageslicht fördert die Gesundheit, Vitalität, Positivität und verbessert die Schlafqualität. Arbeitsplätze sollten deshalb idealerweise nicht mehr als drei Meter von einem Fenster entfernt stehen.
Natürliche Formen: Formen und Gestaltungselemente aus der Natur – etwa Bäume, Blätter, Muscheln, Spiralen, Röhren, ovale Strukturen, Kuppeln oder Wölbungen – wirken sich positiv auf den Menschen aus. Organische Formen, die starre Linien und rechte Winkel durchbrechen, zählen zu den charakteristischen Elementen des biophilen Designs.
Natürliche Formen: Die fünf Sinne des Menschen – Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken – spielen seit jeher eine entscheidende Rolle für unser Überleben, da wir auf Licht, Geräusche, Berührungen und Düfte reagieren. Deshalb tragen vielfältige Sinneseindrücke in Innenräumen wesentlich zum Wohlbefinden bei. Dazu zählen etwa strukturierte Oberflächen oder natürliche, warme Materialien wie Holz und Furnier.
Grüne Gestaltungselemente: Pflanzen und Grün sind essenziell für das Leben des Menschen. Sie liefern Nahrung und Ballaststoffe, dienen als Tierfutter und tragen in vielerlei Hinsicht zu Ernährung und Sicherheit bei. In Arbeitsräumen steigern Pflanzen und Grünflächen zudem das Glücksgefühl, die Zufriedenheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit.
Ausblick: Menschen haben eine ausgeprägte Vorliebe für Aussichtsmöglichkeiten, vor allem dann, wenn diese von natürlichen Elementen und grünen Flächen geprägt sind. Solche Ausblicke vermitteln Sicherheit und Orientierung, während sie gleichzeitig das Bedürfnis nach Ruhe und Erholung stillen.
Ein Design, das mehr kann als schön aussehen.
Biophiles Design verbindet Natur und Architektur auf einer Weise, die unser Leben spürbar bereichert. Es steigert Konzentration, Kreativität und Wohlbefinden, während es gleichzeitig Stress abbaut. In Kombination mit nachhaltiger Raumgestaltung schafft es Räume, die nicht nur ästhetisch sind, sondern auch gesund und zukunftsfähig.
Die Frage ist also nicht, ob wir Natur in unser Büro holen sollten, sondern wie schnell wir damit anfangen. Denn am Ende wünschen wir uns alle Orte, die uns Energie schenken statt sie uns zu rauben.